Gefahrgut im Tunnel
Gefahrgut: Zwei Gutachten – zwei Meinungen
Damit sich im Falle eines Unfalls alle Verkehrsteilnehmer möglichst schnell in Sicherheit bringen können, sind entsprechende Sicherheitseinrichtungen in Tunneln unerlässlich. Die Anforderungen an diese Einrichtungen sind sehr hoch, da es im Tunnel wenig Platz gibt.
Vor allem LKW, die Gefahrgüter transportieren, stellen ein hohes Risiko dar. Jeder Tunnel wird daher auf seine Eignung für Gefahrguttransporte hin untersucht. Diese Risikoanalyse erfolgt nach strengen ADR-Richtlinien (ein europäisches Übereinkommen zum Gefahrengut). Sie sind europaweit gültig.
Für den Ausbau des heutigen „Stelzen“-Abschnitts wurde u. a. eine Tunnelvariante entworfen, die anschließend von externen Gutachtern auf ihre Gefahrguteignung hin bewertet wurde. Das Ergebnis lautet: Sowohl im Tag- als auch im Nachtbetrieb kommt es zu Einschränkungen bei Gefahrguttransporten. Dies betrifft sowohl die Menge der transportierten Stoffe als auch die Stoffe selbst.
Zweites Gutachten mit anderen Voraussetzungen
Ein weiteres, durch die Stadt Leverkusen 2017 im Nachgang beauftragtes Gutachten hatte hingegen einen anderen Fokus: Die vorher von Straßen.NRW erarbeitete Tunnelvariante wurde zunächst technisch überarbeitet, sodass bei einer anschließenden Prüfung Gefahrengüter problemlos durch den Tunnel transportiert werden konnten.
Dabei wurden einzelne Annahmen von den Experten teilweise verändert: Man nahm z. B. an, dass im Durchschnitt weniger Transporte mit gefährlichen Gütern im Tunnel unterwegs sein würden. Da sich nicht nur der „Chempark“ – ein bedeutender Chemiestandort –, sondern noch weitere Betriebe der chemischen Industrie im näheren Umfeld des möglichen Tunnels befinden, wurde dies im Gutachten von Straßen.NRW durch eine höhere Anzahl von Gefahrguttransporten berücksichtigt.
Des Weiteren wurde eine im Tunnelkonzept von Straßen.NRW eingeplante Trennwand, welche die Ein- bzw. Ausfahrtsbereiche von der A1 trennen soll, durch die gesamte Tunnelanlage bis zu den westlichen Portalen verlängert. Nach diesen Veränderungen der Ausgangslage sowie mit den neuen Annahmen und Maßnahmen kamen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass sich die Tunnelanlage nun auch für Gefahrengüter eigne.
Die vorgenommenen Änderungen haben jedoch auch eine Kehrseite: Die bis zum Westportal verlängerte, durchlaufende Trennwand führt zu einer Verkürzung der bis zum Autobahnkreuz Leverkusen West zur Verfügung stehenden Fahrstrecke (Verflechtungslänge), die benötigt wird, um die Spur zu wechseln. Damit ist die verkehrliche Leistungsfähigkeit dieser Variante gegenüber der von Straßen.NRW vorgeschlagenen Lösung geringer. De facto bedeutet dies eine erhöhte Stau- und Unfallgefahr.
Da mittlerweile die vom Bundesverkehrsministerium festgelegte Vorzugsvariante keinen Tunnel beinhaltet, wird diese Thematik in den Planungen der Autobahn GmbH nicht weiterverfolgt.